Reise nach
Damaskus
Zwischen Kalligrafie,
Kaffee und kollektiver
Kreativität
Eine Reiseerzählung von Zuhar Aljundi, April 2025

Damaskus – eine Stadt voller Gegensätze, Geschichte und Gastfreundschaft. Im April 2025 hatte Stadtkuratorin Zuhar Aljundi die besondere Gelegenheit, diese faszinierende Metropole im Rahmen einer privaten Studienreise zu besuchen. Ziel war es, kulturelle Praktiken rund um Upcycling, Schönheit und gelebte Resilienz zu erkunden – und gleichzeitig erste Brücken zwischen dem Projekt transSCAPE und der Universität Damaskus zu schlagen.
Was sie erlebt hat, war eine eindrucksvolle Reise zu den kleinen Dingen des Alltags, die zeigen, wie vielgestaltig und kraftvoll ästhetische Praxis im urbanen Raum sein kann – auch unter schwierigen Bedingungen.
transSCAPE zu Gast
an der Universtät Damaskus
Ein Highlight war der offene Vortrag an der Architekturfakultät der Universität. Eingeladen vom Dekan, Dr. Emad Almasri, konnte ich transPORT und transSCAPE erstmals in Syrien vorstellen. Die Diskussion mit den Studierenden war lebhaft, engagiert und zukunftsgewandt. Schnell wurde deutlich: Formate wie Engaged Learning, partizipative Stadtplanung und niedrigschwellige Bildungsangebote treffen auch hier auf großes Interesse – gerade im Kontext von Wiederaufbau und gesellschaftlichem Wandel.
Eine Ausstellung zum Anfassen und Mitmachen
Ein Spaziergang durch die Ausstellung der Architekturfakultät offenbarte ein liebevoll kuratiertes Erlebnis: Interaktive Wissensstationen, 3D-Modelle und lokale Materialien machten das Lernen greifbar – im wörtlichen Sinne. Auch ein Besuch im historischen jüdischen Viertel führte zu inspirierenden Eindrücken: Im Farhi House begegnete ich kritischen Comics, experimenteller Druckkunst und arabischer Kalligrafie. Die Räume luden zum Dialog ein – mit der Geschichte, mit der Gegenwart und mit sich selbst.
Stadt als Lernraum:
Schilder, Pflanzen und Plastikstühle
Damaskus erzählt Geschichten – auf ganz eigene Weise. Etwa über Straßenschilder, die nicht nur Namen tragen, sondern auch Biografien. Oder über Gärten, die aus alten Reifen wachsen. Über Fensterbänke, die blühen, obwohl Ressourcen knapp sind. Und über improvisierte Treffpunkte, die einfach entstehen: ein paar Plastikstühle, ein kleiner Kocher, etwas Kaffee – fertig ist der soziale Raum. Besonders in Orten wie Salamiyah wird so jeder Laden zum Ort der Begegnung.
Kalligrafie im Alltag – Schrift als Stadtmöbel
Was in europäischen Städten oft von Logos und moderner Typografie geprägt ist, wird in Syrien durch kunstvolle Schriftzüge ersetzt. Ob auf Ladenschildern oder in Form von Street Art – arabische Kalligrafie prägt das Stadtbild auf beeindruckende Weise. Sie verbindet das Traditionelle mit dem Zeitgenössischen und macht Sprache selbst zum gestalterischen Medium im öffentlichen Raum.
Schönheit im Widerstand, Bildung im Alltag
Diese Reise hat mir eindrücklich gezeigt: Kreative Resilienz ist mehr als ein Konzept – sie ist gelebte Praxis. Ob in Form von bepflanzten Fässern, sinnlichen Ausstellungen oder stillen Begegnungsorten am Straßenrand. Die Ästhetik des Alltags, gepaart mit der Offenheit zur Teilhabe, eröffnet neue Perspektiven für die partizipative Stadtgestaltung – nicht nur in Syrien, sondern auch in Europa.
Damaskus hat nicht nur Türen geöffnet – es hat mich gelehrt, genauer hinzusehen.